A MOTION PICTURE ist der Soundtrack zu einem imaginären Film. Ein Film über den Mut sowohl Ungewissheit, Verlust & Vergänglichkeit, als auch unaufdringliche & schlichte Schönheit zu umarmen.
Das Album wurde live auf einer 16-Spur Bandmaschine in den mysteriösen Höhlen der Janka Industries in Wien aufgenommen. Draußen drehte sich die Welt im Kreis, trotz und wegen der außergewöhnlichen globalen Umstände. Während der Aufnahmezeit lernten wir alle viel über die unbändige Kraft des Moments, die Perfektion die der Imperfektion innewohnt, und allem voran über Demut und Hingabe. Ich bin sehr dankbar mit so feinfühligen und bodenständigen Menschen wie Chris und Tobi zu spielen.
Mit ihnen ist es möglich ohne Sicherheitsgurt & barfuß durch alle möglichen musikalischen Abenteuer zu hirschen und dabei dennoch stets behutsam genug Raum zwischen den Tönen zu lassen, damit die guten Geister umherwandeln und der Musik den eigenen Atem einhauchen können.
Gemeinsam zu musizieren ist etwas sehr Intimes. Man lernt sich kennen, Ton für Ton, ein stetiges Öffnen, und begibt sich auf die Suche nach der gemeinsam schwingenden Identität. Ein betörendes Herantasten an die Essenz des kollektiven Moments, der einen für immer verbindet – denn er wird unsterblich, obwohl der Klang verweht.
Der Schaffensprozess eines Filmes unterscheidet sich davon weniger als man denkt. Wie ein Bienenvolk funktioniert Film als ein Wesen aus vielen. Und zwar nicht nur vielen Schaffenden und Mitwirkenden, sondern auch vielen Künsten und Techniken. Film vereint Bild, Ton und Poesie – und galt von seinem ersten Erscheinen an als Magie. Ein Tor zu anderen Realitäten, in denen es andere Möglichkeiten gibt und andere Gesetze herrschen.
Im Film und in der Filmmusik sind den Schaffenden und der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Alles darf zum Ausdruck kommen, alles hat eine Existenzberechtigung. Durch die Gleichzeitigkeit von Bild und Ton gibt es kein richtig oder falsch. Nur eine resultierende Botschaft.
Musik ist für mich nicht nur ein Tor zur Welt, sondern auch zu mir selbst. Durch sie kann ich meine Welt vermitteln und der Welt Raum schenken, sich in ihr zu finden. Sie schenkt mir Trost und macht es möglich, Unaussprechliches nach außen zu tragen, ihm zu danken und es loszulassen. Komponieren ist wie Rätsel lösen, wie eine Schatzsuche. Stück für Stück – Note für Note – wird sie ausgegraben, aus einer Sanddüne aus Klang und Stille. Sie war schon da, die Melodie, und nun spielt sie mit mir Verstecken. Sie lässt sich kurz fangen, tanzt mir etwas vor, lacht mich aus und verschwindet wieder um meine Neugierde zu entfachen. Sie will gefunden werden – sie versucht nicht mir zu entwischen, sie fordert mich nur heraus. Sie ist stark, stärker als ich, und genau so verliebt in mich wie ich in sie. Wir haben schon immer zusammen gehört und sie war schon immer da – irgendwo in den Untiefen ruhend. Und jetzt ist sie an der Reihe – egal ob hell, düster, beängstigend, schön, häßlich oder tröstend - ich finde sie, umarme sie und verneige mich vor ihr.
Wenn man die mutige & wahnwitzige Entscheidung fällt eine Film-Kreatur zu erschaffen & freizulassen erkennt man recht bald, daß der Film ein eigenes Leben führt und kein einzelner die Kontrolle halten kann. Sobald die ersten Visionen niedergschrieben sind gibt es kein Zurück mehr und jeder Mitwirkende muss sich in den Dienst des Gesamtwerkes stellen. Der Grat ist oft schmal zwischen genussvollem Schaffensprozess und einem Kampf gegen die Eigendynamik des Films.
Wie viele sind schon am Weg zerbrochen, weil der Tanz mit der unbändigbaren Schönheit der Film-Kreatur zu einem Kampf gegen seine Eigenständigkeit oder die eigenen Erwartungen wurde. Wie viele gaben auf weil sie annahmen, ihrem Werk nicht mehr gerecht zu werden, oder ihnen energetischer und finanzieller Treibstoff ausging. Wie viel flüssiges Gold ging schon verloren, weil eine der Bienen an egomanischer Machtgier erkrankte und vergaß, daß sie nicht alleine, und das Gesamte nicht ohne sie überleben kann. Jede Biene ist essentiell und hält das Volk lebendig. Drehbuch, Regie, Kamera, Schnitt, Casting, Locations, Schauspielkunst, Ton und all die anderen unzähligen, ungelesenen Namen im kleingedruckten Abspann.
Der größte Unterschied zwischen Film und Musik ist wohl dieser: In der Musik gibt es keine Lügen. Sie sagt immer die Wahrheit. Sie spricht für sich und ist sich treu – egal in welcher Form sie sich zeigt. Ehrlich und würdevoll bringt sie die Luft zum Schwingen und bewegt die Welt. Widerspiegelt den Geist der Zeit. Birgt keine Gefahren. Film kann den Zeit- oder Weltgeist widerspiegeln, kann Märchenwelten und Illusionen kreiieren. Genausogut kann er aber auch lügen und manipulieren. So zauberhaft er ist, so gefährlich ist er auch.
Und: Film braucht, um zu existieren, Zuschauer. Musik ist sich selbst genug. Sie braucht kein Publikum, nur eine Quelle. Sie ist nicht bloß eine Kunst- und Ausdrucksform, sondern auch Lehrerin und Heilmittel. Sie lehrt Bescheidenheit & Mut, Aufmerksamkeit & Bedachtheit, Konzentration & Präzision. Gleichzeitig durchdringt der Schall den Körper wie nichts sonst und reinigt jede Zelle und jeden Spalt dazwischen von Missmut, Furcht und Fixierungen. Der Organismus hat die Chance sich neu zu gesinnen, zu entscheiden, sich selbst neu zu erfinden und zu begeistern. Sie begeistert uns und ist begeistert von sich selbst.
Die Musik und der Ton können einen Film komplett verändern, verbessern oder ruinieren – und umgekehrt. In meinem künstlerischen Schaffen fällt es mir schwer visuelle und akustische Ausdrucksformen zu trennen. Im Grunde beinhalten alle dasselbe: Atmung, Rhythmus, Ästhetik, Struktur, Botschaft, Technik und, über allem: Vertrauen & Kooperation. Wenn ich musiziere sehe ich Farben & Formen und jeder visuelle Eindruck hat einen Rhythmus.
Die Platte ist meiner Familie gewidmet.
Meinem Vater Charlie Pestal, ein leichtfüßiger, herzerfüllter und mutiger Mann, der seinen Weg ins Jenseits allzu früh bei einem Autounfall gefunden hat. Das letzte was er zu mir sagte war „um die Heidi mach ich mir keine Sorgen!“. Das ist das schönste was man mir sagen kann. Meiner Mutti Ingrid Pestal, die mutigste, liebevollste, bescheidenste, offenste und ehrlichste Person die ich kenne. Meine Schwestern Birgit und Lydia, zwei Forscherinnen, Heilerinnen und Philosophinnen mit denen ich unzählige Abenteuer, Reisen und Metamorphosen erleben durfte und darf. Und meiner Tochter Amelie, die Liebe, Freude und Herausforderung meines Lebens.
- Heidi Fial -
Würde ich versuchen Zeit zu verstehen
müsste ich dazu fähig sein
seine Bestandteile,
die Unendlichkeit und den Moment,
zu verstehen
Wenn ich das versuche
explodiert mein Gehirn
und implodiert mein Atem
denn die Unendlichkeit ist zu groß
und sprengt meine irdischen Grenzen
und der Moment ist zu winzig
wenn ich versuche ihn zu erhaschen
zu definieren
wird er dermaßen klein
daß mir der Atem einfriert.
Um also zu überleben
sehe ich einstweilen ein
daß man nichts zur Gänze verstehen kann
daß all das Verstehen-wollen ein recht amüsanter und beweglicher Teil
einer phänomen-reichen Symphonie ist
und die Zeit eine zauberhafte Illusion
die mir erlaubt
einen Ton auf den anderen
und eine Szene auf die andere
folgen zu lassen.
- Heidi Fial -